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Portugal, mon amour

Die aus Portugal stammende und bestens integrierte Familie Ribeiro lebt seit Jahren in Paris, großteils glücklich. Sie sind verlässlich, bescheiden und arbeiten hart. Mit anderen Worten: trop bon, trop con, zu deutsch „zu nett, zu dumm.“ Das alles ändert sich, als José Nachricht vom Tod seines Bruders erhält.

Ruben Alves, der mit Portugal, mon amour sein Spielfilmdebut gibt, verarbeitet hier eine Geschichte, die ihm sehr am Herzen liegt: die seiner eigenen Familie. Er ist für Regie und Drehbuch verantwortlich, außerdem sehen wir ihn in der Rolle des Miguel.

Die Schauspieler sind allesamt sehr gut besetzt und haben bis auf die „Ur-Franzosen“ alle einen portugiesischen Hintergrund in irgendeiner Form. Rita Blanco (Maria), eine der bekanntesten Schauspielerinnen in Portugal, tätig in Film, Theater und TV und Joaquim de Almeida (José), der in den USA lebt und schon in einigen Hollywood-Filmen mitgewirkt hat, spielen die Eltern der Familie.

Der Originaltitel ist La Cage dorée, dt. Der goldene Käfig, und basiert auf dem Ausspruch einer Concierge, die Alves im Zuge seiner Recherche für das Drehbuch befragte. Er fragte sie, ob sie sich nach so langer Zeit noch eine Rückkehr nach Portugal vorstellen könne, worauf sie antwortete, dass sie das sich prinzipiell noch immer vorstellen könne, sich aber dann doch zu sehr im goldenen Käfig fühle. In diesem goldenen Käfig leben auch die Ribeiros, und der Mythos der Heimkehr nach Portugal schwebt weiterhin über ihren Köpfen.

Der deutsche Titel ist aber dann doch auch gut gewählt, für den deutschsprachigen Markt wohl passender und deutet gleich an, dass es sowohl eine französische Komödie ist, als auch ein anderes Flair mit reinspielen wird. Portugiesen stellen übrigens eine der größten Migrantengruppen in Frankreich, nach den Mahgreb Staaten (Marokko, Algerien, Tunesien) , den übrigen afrikanischen Staaten, liegen sie gleichauf mit Italien. Viele davon leben schon in zweiter Generation in Frankreich.

Portugal, mon Amour Filmplakat. Alle Rechte bei Zazi Films, Pathé und polyfilm

Portugal, mon Amour. Alle Rechte bei Zazi Films, Pathé und polyfilm

Maria die duldsame, immer korrekte Concierge und José, der fleißige, immer verfügbare Vorarbeiter am Bau, der noch niemals eine Gehaltserhöhung verlangt hat, leben mit ihrem Sohn Pedro, der noch in die Schule geht und ihrer erwachsenen Tochter Paula  im 16. Arrondisment von Paris. Sie sind bereits seit 30 Jahren in Frankreich, ihre Kinder waren scheinbar auch noch nie in Portugal. Sie sind bestens integriert, pflegen aber viele Freudschaften in der portugiesischen Community. José hat in seinem Spind ein Foto eines alten Hauses in Portugal und auch Maria denkt immer wieder an die alte Heimat. Ihre Kinder sind jedoch voll und ganz hiesige, so scheint es zumindest.

Dann jedoch flattert José ein Schreiben eines Notars ins Haus. Sein Bruder, zu dem er seit Jahren keinen Kontakt hatte, ist gestorben und vererbt ihm ein Haus in Portugal, inklusive Land, Weingut und Betrieb. Eine Auflage aber gibt es: Der Familienbetrieb muss von ihm weitergeführt werden, sonst geht alles an die örtliche Pfarrgemeinde. Das ist ein Schock für die ganze Familie, denn sie sind hin- und hergerissen zwischen Freude und Angst, die gewohnte Umgebung aufzugeben. Soll man wirklich in die alte Heimat zurück? Wie soll man es dem Chef, den Freunden, der Schwester sagen? Am besten eine gute Gelegenheit abwarten…doch die kommt nicht, und Marias Schwester erspäht das Dokument. Was sie im Vertrauen einer Freundin gesagt hat weiß kurz später natürlich das gesamte Umfeld der Ribeiros. Plötzlich gibt es Gehaltserhöhungen und Marias Hausmeisterloge soll erweitert werden, damit endlich mehr Platz da ist, eine Hilfe, die die Fenster putzen soll, wird eingestellt. Marias Schwester täuscht eine ernste Krankheit ihres Mannes vor, alles, um die Familie zu halten. Dadurch schrecken die Beiden noch mehr zurück davor, allen reinen Wein einzuschenken. Paula bringt dann den Stein ins Rollen und die Eltern müssen schließlich eine Entscheidung treffen: Paris oder Portugal?

Tempo, Witz und wundervolle Charaktere (auch, oder gerade die Nebendarsteller) prägen die durch und durch französische Komödie mit Portugal-Flair. Französische Chansons und der portugiesische Fado sorgen für den Soundtrack des Films. Emotionen kommen nicht zu kurz. Trotz der Dramen und Krisen, die vorkommen herrscht eine wunderbar fröhliche Grundstimmung. Eine Familie, die alles gemeinsam schaffen kann und die soviel verbindet. Es gibt viel zu Lachen und Mitzufühlen mit den Figuren, die einem mit ihren Eigenheiten und Macken so richtig ans Herz wachsen. Einziges Manko ist der Aufhänger mit der Erbschaft, denn so viele Filme, die ich in letzter Zeit gesehen habe, benutzen diesen als Startpunkt. Die gegenwärtige Situation wird geschildert, dann kommt die Erbschaft, idealerweise von jemandem den man gar nicht kannte oder von dem man schon ewig nichts mehr gehört hatte, und die Handlung entfaltet sich. Aber das ist doch zu verschmerzen, weil insgesamt bin ich begeistert.

Portugal, mon Amour deckt also alle Voraussetzungen für einen gelungenen Kinoabend ab. Zum Schluss noch eine Empfehlung: in der Originalfassung (mit Untertiteln) kann man den portugiesischen Akzent der Familie heraushören, und auch die Versuche der Frau von Josés Chef, die mit ihrer ebenfalls portugiesischen Haushälterin Rosa versucht, ein paar Brocken Portugiesisch zu üben, kommen sicher auch authentischer rüber.

Portugal, mon amour im Verleih von polyfilm kommt am 30. August 2013 in die österreichischen Kinos.

[review pros="

  • schwungvolle, humorvolle Handlung
  • Thema Integration, Heimat
  • liebevoll gezeichnete Charaktere
  • Musik

" cons="

  • Aufhänger Erbschaft leicht abgedroschen

" score=81]

Die aus Portugal stammende und bestens integrierte Familie Ribeiro lebt seit Jahren in Paris, großteils glücklich. Sie sind verlässlich, bescheiden und arbeiten hart. Mit anderen Worten: trop bon, trop con, zu deutsch "zu nett, zu dumm." Das alles ändert sich, als José Nachricht vom Tod seines Bruders erhält. Ruben Alves, der mit Portugal, mon amour sein Spielfilmdebut gibt, verarbeitet hier eine Geschichte, die ihm sehr am Herzen liegt: die seiner eigenen Familie. Er ist für Regie und Drehbuch verantwortlich, außerdem sehen wir ihn in der Rolle des Miguel. Die Schauspieler sind allesamt sehr gut besetzt und haben bis auf die "Ur-Franzosen" alle einen portugiesischen Hintergrund in irgendeiner Form. Rita Blanco (Maria), eine der bekanntesten Schauspielerinnen in Portugal, tätig in Film, Theater und TV und Joaquim de Almeida (José), der in den USA lebt und schon in einigen Hollywood-Filmen mitgewirkt hat, spielen die Eltern der Familie. Der Originaltitel ist La Cage dorée, dt. Der goldene Käfig, und basiert auf dem Ausspruch einer Concierge, die Alves im Zuge seiner Recherche für das Drehbuch befragte. Er fragte sie, ob sie sich nach so langer Zeit noch eine Rückkehr nach Portugal vorstellen könne, worauf sie antwortete, dass sie das sich prinzipiell noch immer vorstellen könne, sich aber dann doch zu sehr im goldenen Käfig fühle. In diesem goldenen Käfig leben auch die Ribeiros, und der Mythos der Heimkehr nach Portugal schwebt weiterhin über ihren Köpfen. Der deutsche Titel ist aber dann doch auch gut gewählt, für den deutschsprachigen Markt wohl passender und deutet gleich an, dass es sowohl eine französische Komödie ist, als auch ein anderes Flair mit reinspielen wird. Portugiesen stellen übrigens eine der größten Migrantengruppen in Frankreich, nach den Mahgreb Staaten (Marokko, Algerien, Tunesien) , den übrigen afrikanischen Staaten, liegen sie gleichauf mit Italien. Viele davon leben schon in zweiter Generation in Frankreich. [caption id="attachment_3039" align="alignleft" width="190"] Portugal, mon Amour. Alle Rechte bei Zazi Films, Pathé und polyfilm[/caption] Maria die duldsame, immer korrekte Concierge und José, der fleißige, immer verfügbare Vorarbeiter am Bau, der noch niemals eine Gehaltserhöhung verlangt hat, leben mit ihrem Sohn Pedro, der noch in die Schule geht und ihrer erwachsenen Tochter Paula  im 16. Arrondisment von Paris. Sie sind bereits seit 30 Jahren in Frankreich, ihre Kinder waren scheinbar auch noch nie in Portugal. Sie sind bestens integriert, pflegen aber viele Freudschaften in der portugiesischen Community. José hat in seinem Spind ein Foto eines alten Hauses in Portugal und auch Maria denkt immer wieder an die alte Heimat. Ihre Kinder sind jedoch voll und ganz hiesige, so scheint es zumindest. Dann jedoch flattert José ein Schreiben eines Notars ins Haus. Sein Bruder, zu dem er seit Jahren keinen Kontakt hatte, ist gestorben und vererbt ihm ein Haus in Portugal, inklusive Land, Weingut und Betrieb. Eine Auflage aber gibt es: Der Familienbetrieb muss von ihm weitergeführt werden, sonst geht alles an die örtliche Pfarrgemeinde. Das ist ein Schock für die ganze Familie, denn sie sind hin- und hergerissen zwischen Freude und Angst, die gewohnte Umgebung aufzugeben. Soll man wirklich in die alte Heimat zurück? Wie soll man es dem Chef, den Freunden, der Schwester sagen? Am besten eine gute Gelegenheit abwarten...doch die kommt nicht, und Marias Schwester erspäht das Dokument. Was sie im Vertrauen einer Freundin gesagt hat weiß kurz später natürlich das gesamte Umfeld der Ribeiros. Plötzlich gibt es Gehaltserhöhungen und Marias Hausmeisterloge soll erweitert werden, damit endlich mehr Platz da ist, eine Hilfe, die die Fenster putzen soll, wird eingestellt. Marias Schwester täuscht eine ernste Krankheit ihres Mannes vor, alles, um die Familie zu halten. Dadurch schrecken die Beiden noch mehr zurück davor, allen reinen Wein einzuschenken. Paula bringt dann den Stein ins Rollen und die Eltern müssen schließlich eine Entscheidung treffen: Paris oder Portugal? Tempo, Witz und wundervolle Charaktere (auch, oder gerade die Nebendarsteller) prägen die durch und durch französische Komödie mit Portugal-Flair. Französische Chansons und der portugiesische Fado sorgen für den Soundtrack des Films. Emotionen kommen nicht zu kurz. Trotz der Dramen und Krisen, die vorkommen herrscht eine wunderbar fröhliche Grundstimmung. Eine Familie, die alles gemeinsam schaffen kann und die soviel verbindet. Es gibt viel zu Lachen und Mitzufühlen mit den Figuren, die einem mit ihren Eigenheiten und Macken so richtig ans Herz wachsen. Einziges Manko ist der Aufhänger mit der Erbschaft, denn so viele Filme, die ich in letzter Zeit gesehen habe, benutzen diesen als Startpunkt. Die gegenwärtige Situation wird geschildert, dann kommt die Erbschaft, idealerweise von jemandem den man gar nicht kannte oder von dem man schon ewig nichts mehr gehört hatte, und die Handlung entfaltet sich. Aber das ist doch zu verschmerzen, weil insgesamt bin ich begeistert. Portugal, mon Amour deckt also alle Voraussetzungen für einen gelungenen Kinoabend ab. Zum Schluss noch eine Empfehlung: in der Originalfassung (mit Untertiteln) kann man den portugiesischen Akzent der Familie heraushören, und auch die Versuche der Frau von Josés Chef, die mit ihrer ebenfalls portugiesischen Haushälterin Rosa versucht, ein paar Brocken Portugiesisch zu üben, kommen sicher auch authentischer rüber. [box style="tip"]Portugal, mon amour im Verleih von polyfilm kommt am 30. August 2013 in die österreichischen Kinos.[/box] [review pros=" schwungvolle, humorvolle Handlung Thema Integration, Heimat liebevoll gezeichnete Charaktere Musik " cons=" Aufhänger Erbschaft leicht abgedroschen " score=81]
Pros
Cons

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