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Paulette

Paulette begegnet uns zu Beginn als verbitterte, bösartige alte Frau, die in den Pariser Banlieus ihr Leben fristet. Sie hasst alle Menschen, vor allem „Ausländer“.  Als dann ihre finanzielle Lage ausweglos erscheint, wird die bitterböse alte Dame erfindungsreich. Beim zufälligen Belauschen der lokalen Drogendealer kommt ihr die rettende Idee: Sie will selbst miteinsteigen und Haschisch verkaufen!

Paulette Filmplakat

Paulette, Rechte bei Gaumont, Neue Visionen Filmverleih und polyfilm Verleih

Die US-amerikanische Serie „Weeds“ hat es schon vorgemacht: auch „normale“ Menschen können Drogenhändler und zugleich SympathieträgerInnen sein. Die spritzige französische Komödie von Jérôme Enrico begeistert und regt zum Nachdenken an. Die Hauptdarstellerin Bernadette Lafont (leider der letze Film mit ihr, da sie am 25. Juli im Alter von 74 Jahren  verstorben ist) war zumindest in Frankreich keine Unbekannte: Die César Preisträgerin hat mit Größen des französischen Kinos wie Claude Chabrol und François Truffaut zusammengearbeitet. Auch der Rest der Schauspieler kann überzeugen. Der Regisseur von „Paulette“, Jérôme Enrico, trat als Regisseur in die Fußstapfen seines Vaters Robert, lange Zeit war er Regieassistent und führte bei Fernsehfilmen Regie. Paulette ist Jeromes zweiter Kinofilm. Er ist auch Co-Autor des Drehbuchs und leitet die Schreibwerkstatt der renommierten Pariser Filmakademie ESEC.

Die etwa 80-jährige Paulette lebt in einer unwirtlichen Plattenbausiedlung, in der es rauh zugeht. Davon lässt sie sich aber nicht aus der Ruhe bringen. Sie ist buchstäblich eine „Menschenhasserin“, besonders denen gegenüber, die sich optisch oder kulturell von ihr unterscheiden („Ausländer“), einzige Ausnahme bildet der aus Afrika stammende Pfarrer ihrer Gemeinde. Sogar ihren Enkel Leo (mit afrikanischem Vater), auf den sie manchmal gezwungenermaßen aufpasst,  behandelt sie lieblos und geradezu grausam, die Verbindung zwischen ihrer Tochter und dem Polizisten Osman kann sie nicht akzeptieren. Ihre Situation ist deprimierend, dann findet sie wieder eine Perspektive, eine Aufgabe. In der Folge öffnet sie sich, hat wieder Teil am Leben und versöhnt sich mit der Welt. Der Schluss, dass Rassisten zutiefst unglücklich mit sich selbst und ihrer Lebenssituation sind, und der Einfachheit halber anderen die Schuld geben, drängt sich auf.

Die frischgebackene Drogenhändlerin agiert zuerst noch ein wenig ungeschickt, was natürlich unheimlich witzig anzusehen ist. Weitere Probleme tauchen dadurch auf und Verstärkung gibt es auch für Paulette, ihre Kartenspielrunde, allesamt charmante ältere Damen, steigen in ihr Unternehmen mit ein, die Sache wird professioneller.

Der warmherzige Film macht auch den durch die Wirtschaftskrise Gebeutelten Hoffnung, da die erfindungsreichen Kämpfer belohnt werden. Unternehmergeist, Risikobereitschaft sind gefragt, will man in der heutigen Zeit nicht nur durchkommen, sondern sich etwas aufbauen. Einziges Manko am Film sind gelegentliche unrealistische Episoden, in denen Paulette zum Beispiel ziemlich auffällig nach dem Marktwert von Drogen fragt, oder sich der Drogenspürhund sehr für ihre Einkaufstasche interessiert. Geschulte Polizisten würden da meiner Meinung nach doch etwas anders reagieren. Das Drehbuch wurde übrigens von einer Geschichte inspiriert, auf die Jérôme Enrico in der französischen Presse aufmerksam wurde, eben die einer alten Dame in einer Hochhaussiedlung, die Cannabis verkaufte, um über die Runden zu kommen.

Es findet übrigens keine Bewertung statt, die Sozialkomödie ist kein Plädoyer für die Freigabe von weichen Drogen, verurteilt aber auch niemanden, nicht die ermittelnden Polizisten und nicht die Konsumenten. Einzig die Welt der Drogendealer wird als hart und skrupellos gezeigt, Paulettes Tätigkeit unterscheidet sich aber sehr von deren Umtrieben. Ihre Wohnung wird schnell zu einem Treffpunkt eines breiten Querschnitts der Gesellschaft. Ein Anliegen kann man aber erkennen: Alte Menschen nicht aus der Gesellschaft auszuschließen, sie nicht zum alten Eisen zu zählen, sondern ihnen Aufgaben zu geben, sie teilhaben zu lassen und ihnen mit Verständnis zu begegnen. Auch im Falle von Paulette geschehen ja noch Zeichen und Wunder.

Diese Überlegungen bieten sich übrigens erst beim aktiven Nachdenken an, vordergründig ist Paulette eine Komödie, die mitreißend ist und einfach Spaß macht. Der typisch französische Soundtrack trägt sein Übriges zur leichtfüßigen Stimmung bei. Paulette sorgt für einen Kinoabend mit Esprit, Witz und ein wenig Nachdenklichkeit. Wegen der genialen Dialoge, die dem Film ordentlich Würze geben, ist die Originalfassung  (OmU) sehr zu empfehlen.

Paulette von Gaumont (österreich. Verleih: polyfilm) ist ab 2. August 2013 in den österreichischen Kinos zu sehen.

[review pros="

  • tolle Dialoge
  • schöne Charakterentwicklung
  • Musik

" cons= "

  • teilweise unrealistisch, aber das fällt nicht sehr ins Gewicht

" score= 84]

Paulette begegnet uns zu Beginn als verbitterte, bösartige alte Frau, die in den Pariser Banlieus ihr Leben fristet. Sie hasst alle Menschen, vor allem "Ausländer".  Als dann ihre finanzielle Lage ausweglos erscheint, wird die bitterböse alte Dame erfindungsreich. Beim zufälligen Belauschen der lokalen Drogendealer kommt ihr die rettende Idee: Sie will selbst miteinsteigen und Haschisch verkaufen! [caption id="attachment_2590" align="alignleft" width="199"] Paulette, Rechte bei Gaumont, Neue Visionen Filmverleih und polyfilm Verleih[/caption] Die US-amerikanische Serie "Weeds" hat es schon vorgemacht: auch "normale" Menschen können Drogenhändler und zugleich SympathieträgerInnen sein. Die spritzige französische Komödie von Jérôme Enrico begeistert und regt zum Nachdenken an. Die Hauptdarstellerin Bernadette Lafont (leider der letze Film mit ihr, da sie am 25. Juli im Alter von 74 Jahren  verstorben ist) war zumindest in Frankreich keine Unbekannte: Die César Preisträgerin hat mit Größen des französischen Kinos wie Claude Chabrol und François Truffaut zusammengearbeitet. Auch der Rest der Schauspieler kann überzeugen. Der Regisseur von "Paulette", Jérôme Enrico, trat als Regisseur in die Fußstapfen seines Vaters Robert, lange Zeit war er Regieassistent und führte bei Fernsehfilmen Regie. Paulette ist Jeromes zweiter Kinofilm. Er ist auch Co-Autor des Drehbuchs und leitet die Schreibwerkstatt der renommierten Pariser Filmakademie ESEC. Die etwa 80-jährige Paulette lebt in einer unwirtlichen Plattenbausiedlung, in der es rauh zugeht. Davon lässt sie sich aber nicht aus der Ruhe bringen. Sie ist buchstäblich eine "Menschenhasserin", besonders denen gegenüber, die sich optisch oder kulturell von ihr unterscheiden ("Ausländer"), einzige Ausnahme bildet der aus Afrika stammende Pfarrer ihrer Gemeinde. Sogar ihren Enkel Leo (mit afrikanischem Vater), auf den sie manchmal gezwungenermaßen aufpasst,  behandelt sie lieblos und geradezu grausam, die Verbindung zwischen ihrer Tochter und dem Polizisten Osman kann sie nicht akzeptieren. Ihre Situation ist deprimierend, dann findet sie wieder eine Perspektive, eine Aufgabe. In der Folge öffnet sie sich, hat wieder Teil am Leben und versöhnt sich mit der Welt. Der Schluss, dass Rassisten zutiefst unglücklich mit sich selbst und ihrer Lebenssituation sind, und der Einfachheit halber anderen die Schuld geben, drängt sich auf. Die frischgebackene Drogenhändlerin agiert zuerst noch ein wenig ungeschickt, was natürlich unheimlich witzig anzusehen ist. Weitere Probleme tauchen dadurch auf und Verstärkung gibt es auch für Paulette, ihre Kartenspielrunde, allesamt charmante ältere Damen, steigen in ihr Unternehmen mit ein, die Sache wird professioneller. Der warmherzige Film macht auch den durch die Wirtschaftskrise Gebeutelten Hoffnung, da die erfindungsreichen Kämpfer belohnt werden. Unternehmergeist, Risikobereitschaft sind gefragt, will man in der heutigen Zeit nicht nur durchkommen, sondern sich etwas aufbauen. Einziges Manko am Film sind gelegentliche unrealistische Episoden, in denen Paulette zum Beispiel ziemlich auffällig nach dem Marktwert von Drogen fragt, oder sich der Drogenspürhund sehr für ihre Einkaufstasche interessiert. Geschulte Polizisten würden da meiner Meinung nach doch etwas anders reagieren. Das Drehbuch wurde übrigens von einer Geschichte inspiriert, auf die Jérôme Enrico in der französischen Presse aufmerksam wurde, eben die einer alten Dame in einer Hochhaussiedlung, die Cannabis verkaufte, um über die Runden zu kommen. Es findet übrigens keine Bewertung statt, die Sozialkomödie ist kein Plädoyer für die Freigabe von weichen Drogen, verurteilt aber auch niemanden, nicht die ermittelnden Polizisten und nicht die Konsumenten. Einzig die Welt der Drogendealer wird als hart und skrupellos gezeigt, Paulettes Tätigkeit unterscheidet sich aber sehr von deren Umtrieben. Ihre Wohnung wird schnell zu einem Treffpunkt eines breiten Querschnitts der Gesellschaft. Ein Anliegen kann man aber erkennen: Alte Menschen nicht aus der Gesellschaft auszuschließen, sie nicht zum alten Eisen zu zählen, sondern ihnen Aufgaben zu geben, sie teilhaben zu lassen und ihnen mit Verständnis zu begegnen. Auch im Falle von Paulette geschehen ja noch Zeichen und Wunder. Diese Überlegungen bieten sich übrigens erst beim aktiven Nachdenken an, vordergründig ist Paulette eine Komödie, die mitreißend ist und einfach Spaß macht. Der typisch französische Soundtrack trägt sein Übriges zur leichtfüßigen Stimmung bei. Paulette sorgt für einen Kinoabend mit Esprit, Witz und ein wenig Nachdenklichkeit. Wegen der genialen Dialoge, die dem Film ordentlich Würze geben, ist die Originalfassung  (OmU) sehr zu empfehlen. [box style="tip"]Paulette von Gaumont (österreich. Verleih: polyfilm) ist ab 2. August 2013 in den österreichischen Kinos zu sehen.[/box] [review pros=" tolle Dialoge schöne Charakterentwicklung Musik " cons= " teilweise unrealistisch, aber das fällt nicht sehr ins Gewicht " score= 84]
Pros
Cons

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