Holding On – Das bewegte Leben des Billy Kerr ist ein kooperatives Brettspiel von Michael Fox und Rory O’Connor. Es erscheint im Asmodee Verlag und ist ein mutiges Brettspiel, das einen unüblichen Weg beschreitet. Die Spieler sind nämlich Pflegekräfte in einem britischen Krankenhaus und kümmern sich um einen alten Mann, der im Sterben liegt. Eingezwängt zwischen medizinischer Notwendigkeit und fehlenden Ressourcen gilt es, sich um Billy Kerr zu kümmern, auch um seine menschlichen Seite.
Holding On – Das bewegte Leben des Billy Kerr handelt vom Tod, ein schwieriges Thema. Billy Kerr wird sterben, daran führt kein Weg vorbei. Die Spieler können ihn nicht retten, sondern ihm nur dabei helfen, dass er mit sich Frieden findet, bevor es zu spät ist. Und es gibt einiges, das Billy in seinem Leben bereut. In zehn Szenarien lernen die Spieler Billy als Mensch kennen und seine Geschichte. Sie unterstützen ihn dabei Frieden zu finden, bevor er die Augen schließt. Es ist ein mutiges Spiel, das sich mit einem schwierigen und für ein Brettspiel ungewöhnlichen Thema auseinandersetzt.
Holding On ist ein interessantes Spiel, wobei durch die Ressourcenknappheit und dem Kampf um Billys Leben die Geschichte einem nicht so nahe geht, wie von den Spieleautoren beabsichtigt. Auch werden, zumindest teilweise, die Erinnerungen bei jedem Szenario auf dem Spielfeld ausgelegt, sodass man die Vergangenheit regelmäßig sieht. Gleichzeitig verändert sich die Interpretation seines Lebens dabei, abhängig vom gewählten Szenario.
Der Tod trifft uns alle und es gibt auch vieles, das wir am Ende unseres Lebens bereuen könnten, z.B. versäumte Chancen, begangene Fehler, oder einfach nur ein bedeutungsloser Streit. Hier haben die Spieler die Gelegenheit einen alten Mann während seiner letzten Tage zu begleiten. Allerdings muss man mit Sachzwängen kämpfen, Billys medizinische Versorgung garantieren und immer wieder stressige Situationen und gar Krisen durchleben. Daneben soll man auch noch Zeit finden sich um die palliative Versorgung von Billy zu kümmern, um mehr über sein Leben zu erfahren. Das geschieht in zehn Szenarien, welche den Aufbau des Spiels, die Siegbedingung und Regeln immer wieder leicht ändern.
So wird nach und nach eine Geschichte offenbart. Man muss ein Szenario erst positiv abschließen, bevor man zum nächsten Szenario übergehen kann. Dabei kann es zu einigen frustrierenden Momenten kommen, da der Schwierigkeitsgrad durchaus knackig ist, man zu viele Verwarnungen erhält, oder wenn Billy während eines Szenario stirbt. Man ist bemüht Billy auf seiner Zustandsleiste nicht absinken zu lassen, da vor allem die orangen, roten und schwarzen Bereiche auch Auswirkungen auf gezogene Ereignisse haben, die in der Regel, je tiefer sich Billy auf der Zustandsleiste befindet, umso schlimmer sind. Ideal ist das Brettspiel für drei Spieler. Spielt man es zu zweit oder zu viert, muss man den Spielaufbau leicht adaptieren, wodurch das Spiel allerdings schwieriger wird. Man braucht aber auch einiges an Geduld, denn einige Szenarien mussten wir öfters spielen, um weiterzukommen.
Der Spielablauf wird vereinfacht dargestellt
Der Schichtleiter teilt die verfügbaren Pflegekräfte, d.h. die Spieler und die Aushilfen, bestehend aus kleinen Spielsteinen aus Holz, den einzelnen Schichten zu, die als Karten vom Patientenstapel aufgedeckt werden. Man muss sich dann entscheiden, ob man Billy medizinisch versorgt, um zu verhindern, dass sich sein Zustand verschlechtert, oder ob man ihn palliativ betreut. Bei der palliativen Betreuung erhält man Versorgungsmarker, die man später nutzen kann, um bei der medizinischen Versorgung eine Verschlechterung zu verhindern, oder eine Verbesserung zu ermöglichen. Man kann sich aber auch dafür entscheiden eine vage Erinnerung aus Billys Leben zu erhalten. Durch Ereignisse kann es aber auch dazu kommen, dass man im Prinzip ausschließlich eine medizinische Versorgung durchführen kann, um Billys Absturz auf der Zustandsleiste zu verhindern.
Bilys Leben ist in fünf Lebensabschnitte gegliedert, welche jeweils aus bis zu sechs Erinnerungen bestehen – aus einem verschwommenen Bild und einem kurzen Text. Diese Bilder werden angeordnet, um einen chronologischen Einblick in die Biographie von Billy zu erhalten, was ihn geprägt hat, was er bereut, was ihm widerfahren ist. Vage Erinnerungen werden gesammelt und am Ende nach der dritten Schicht ausgebreitet. Konkrete Erinnerungen erhält man durch Gespräche, die auch Versorgungsmarker kosten. Am Ende der Runde muss man schauen, ob diese spezielle Erinnerung bereits als vage Erinnerung vorhanden ist. Falls sie das ist, darf man sie austauschen. Falls sie nicht vorhanden ist, muss diese konkrete Erinnerung wieder zurück in den Stapel gemischt werden. Anschließend wird der nächste Spieler zum Schichtleiter und ein neuer Tag beginnt.
Holding On – Das bewegte Leben des Billy Kerr hat uns sehr neugierig gemacht. Es war doch ein eher ungewöhnliches Thema, das hier durchaus interessant ausgebreitet wird. Zu Beginn war es recht stressig und man muss einiges abwägen, wann man sich mehr um Billys medizinische Versorgung kümmern soll, wann man riskiert, dass ein Notfall seinen Zustand verschlechtert und wann man versucht eine klare Erinnerung zu erhalten.
Erst später haben wir uns stärker mit den Erinnerungen befasst, wobei wir die meisten Erinnerungen sehr oft gesehen haben. Zu Beginn haben wir auch verstärkt darüber diskutiert und versucht die Bilder zu interpretieren, vor allem aber nachdem wir einige Szenarien wiederholen mussten, trat das ziemlich in den Hintergrund. Ein Begleitheft, in dem die Geschichte von Billy stärker erzählt wird, hätte uns gut gefallen. So bleibt vieles sehr vage und es entwickelt sich nur schwer, auch durch die stressigen Spielmechaniken, eine emotionale Beziehung zu Billy Kerr.
Holding On – Das bewegte Leben des Billy Kerr wurde von Michael Fox und Rory O’Connor erfunden, die Illustrationen stammen von Bryn G. Jones. Der Ire Michael Fox ist der Betreiber des Podcast The Little Metal Dog Show, in dem er Spielerfinder zu Wort kommen lässt und er hat schon ein Dutzend Brettspiele erfunden. Sein irischer Freund Rory O’Connor ist ebenfalls Spielerfinder und wurde vor allem für die Rory’s Story Cubes Serie bekannt.
einige interessante Spielmechaniken
die Mischung der Erinnerungen ist interessant
der Mensch bleibt leider auf der Strecke
die Erinnerungen sind gut gestaltet
der Stressfaktor ist sehr hoch
mehr lernt zu wenig den Menschen Billy Kerr kennen
mit 60 Jahren ist Billy Kerr fast ein wenig zu jung