Bouncer – Gesamtausgabe 1 von Alejandro Jodorowsky, mit den Zeichnungen von François Boucq, ist eine Mischung aus Italo-Western und klassischem amerikanischen Western in Comicform. In diesem Band wird, in den beiden Erzählungen Ein Diamant fürs Jenseits und Die Gnade der Henker, Bouncers tragische Familiengeschichte erzählt, die nun auch das Leben seines Neffen und seiner Nichte in den Abgrund zu reißen droht.
Bouncer – Gesamtausgabe 1 ist eine durchaus ungewöhnliche Westerngeschichte, nicht nur, weil die Hauptfigur verkrüppelt ist und die Geschichte knapp nach Ende des Sezessionskrieges beginnt. Die Verletzung stammt nicht von einer Schlacht, sondern aus seiner Jugend, aus einem Streit mit seinen Brüdern, nach einem gemeinsamen Raubüberfall mit ihrer Mutter. Trotz seines Handicaps ist er ein zäher Schläger, seiner wilden Jugend geschuldet, und ein guter Schütze, was er Crazy Butterfly verdankt. Die Geschichte selbst ist eine Tragödie im Shakespeare´schen Ausmaß.
Bouncer ist sicher eine ungewöhnliche Hauptfigur. Er ist kein richtiger Held, aber auch kein Anti-Held. Er wird nicht von einem Schmerz getrieben, er scheint den Schmerz überwunden zu haben, der Verlust seines Arms ist beinahe Vergangenheit. Aber er will, als er die Gelegenheit durch Seths Auftauchen bekommt, mit der Vergangenheit und dem Fluch seiner Familie abschließen und wohl auch ein wenig Rache nehmen, aber Seth scheint ihm wichtiger zu sein als sein Wunsch nach Rache.
Obwohl es immer wieder zu drastischen Szenen kommt, ist es keine übertrieben brutale Geschichte. Es wird viel Wert auf Seths Entwicklung gelegt, wobei das nicht ganz stringent ist. Zuerst ist er ein kleines Kind, später dann ein junger Mann. Die Übergänge dazu erfolgen oft von einem Panel zu einem anderen, eine Unterteilung oder das Verstreichen der Zeit ist nicht immer erkennbar. Schön ist, dass die Geschichte selbst recht dicht erzählt wird und eine ironisch grausame Wendung am Ende beinhaltet.
Der Inhalt
Bouncer – Gesamtausgabe 1 (Un diamant pour l’au-delà, La Pitié des bourreaux) handelt von einer bösen, verkommenen Familie, welche sich über einen berühmten Diamanten mit Namen „Kainsauge“ selbst zerfleischt. Übrig bleiben der einarmige Revolverheld Bouncer, sein Bruder, der Desperado Ralton und deren Neffe, der Junge Seth. Der Comicsammelband wurde von Alejandro Jodorowsky geschrieben und von François Boucq gezeichnet.
Die Comickünstler
Alejandro Jodorowsky ist ein chilenischer Regisseur, Schauspieler, Produzent, Komponist, Dramatiker, Schriftsteller und Comicautor. Als Comicautor wurde er vor allem für seine Comicreihe über den Privatdetektiv John Difool bekannt. Zu seinen bekanntesten Filmen zählen Endless Poetry und Montana Sacra – Der heilige Berg. Jodorowsky ist vor allem dafür bekannt esoterische, surreale und schockierende Themen zu behandeln. 2016 wurde ihm der Ehrenleopard des Internationalen Filmfestivals von Locarno verliehen.
Bouncer – Gesamtausgabe 1 wird zeichnerisch durch François Boucq geprägt. Sein Zeichenstil wird stark von verschiedenen Schraffuren geprägt. Ein wenig irritierend finde ich die oft zugekniffenen Augen seiner Figuren, welche grundsätzlich keine Schönheiten sind, wenngleich gut gezeichnet. Auch wenn die Landschaften nur selten eine Rolle spielen, zeichnet er durchaus detailliert und zeigt die raue Schönheit des Wilden Westen.
Der französische Comiczeichner François Boucq begann seine Karriere mit politischen Karikaturen, einige Jahre später begann er für Comicmagazine zu zeichnen und ab den 1980ern hat er viele Serien gezeichnet. Mit Alejandro Jodorowsky hat er mehrfach zusammengearbeitet, unter anderem an der Serie Mondgesicht. Zu seinen bekannten Arbeiten zählt die Serie Mondgesicht, ebenfalls von Alejandro Jodorowsky geschrieben.
Schreiber&Leser hat uns ein Rezensionsexemplar für Review-Zwecke zur Verfügung gestellt.
Bouncer – Gesamtausgabe 1 ist ein Sammelband mit den deutschsprachigen Ausgaben der gleichnamigen Comicserie von Les Humanoïdes associés. Der Sammelband wurde am 5. März 2019 in deutscher Übersetzung von Schreiber&Leser herausgebracht.